Rastlos

Heute lüfte ich den Mantel des Schweigens über die unerfreulicheren Dinge hier ein wenig und gebe bekannt, dass es zuweilen sehr laut sein kann im Hause Edith. Das heißt, nicht im Haus selbst, sondern davor. Die Baustelle, die ich von meinem Fenster aus sehen kann, beginnt 6:30 Uhr mit massivem Baulärm, während zeitgleich der Kindergarten unten vorm Haus zu toben beginnt. An diesen Umstand habe ich mich mittlerweile mehr oder weniger gewöhnt und schließe einfach rechtzeitig das Fenster. Heute aber musste ich fliehen, denn zusätzlich zum üblichen Lärm wurden auf der Straße vor dem Haus Gleisbettarbeiten durchgeführt, was heißt, dass mit einem Presslufthammer die Steine neben den Gleisen herausgeschlagen wurden, was einen Mordslärm verursachte. Zugleich waren im Kindergarten Animateuere, die ihrem Zweck gemäß die Kids zusätzlich in Wallung brachten. Laute Musik, mikrofonunterstütze, anfeuernde Stimmen und johlende Kinder auf der einen, Presslufthammer auf der anderen Seite des Hauses. Meine panische Flucht führte mich in den Park der theologischen Fakultät, wo ich eine Parkbank im Schatten fand, die mich bereitwillig aufnahm. Völlig erschöpft, glitt ich im Sitzen langsam immer tiefer, bis ich endlich zum Liegen kam und da ohnehin schon alles egal war, auf der Bank einschlief. Niemand störte meinen Schlummer und ich erholte mich ein wenig vom Gedämmer. Nur ein aufsässiger Sperling tschilpte so lange vor meinen Füßen, bis ich die gerade gekaufte Bäckersemmel aus der Tasche holte und ihm seinen rechtmäßigen Anteil überließ. Und nun möge der Mantel es Schweigens wieder zurückgleiten und gnädig bedecken, was ein bisschen aus dem ganzen Breslaujubel herausfällt.